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SIBO-Guide – Symptome, Diagnose und Ernährung bei Dünndarmfehlbesiedlung

Vielleicht bist Du auf den Begriff “SIBO” im Rahmen einer typischen “Doktor Google”-Recherche gestoßen; vielleicht hast Du es auch von Deinem Arzt, Deiner Heilpraktikerin oder jemand anderem aus Deinem Umfeld gehört. Wie auch immer Du auf das sogenannte “Small Intestinal Bacterial Overgrowth” Syndrom – auf Deutsch: Dünndarmfehlbesiedlung – gestoßen bist, womöglich lassen sich dadurch Deine Probleme mit Deiner Verdauung erklären.

In diesem Artikel erfährst Du, was SIBO genau ist, wie es vermutlich entsteht und welche Symptome damit vergesellschaftet sind. Wir zeigen Dir ebenfalls die bisherigen Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten auf. Wie immer wünschen wir Dir viel Spaß beim Lesen, und falls Du Anregungen oder Fragen hast, freuen wir uns auf Deine Nachricht: support@mibiota.de 

Hinweis: Wie immer sind die Informationen in unserem Artikel von uns selbst recherchiert und geschrieben – ohne Beteiligung von ChatGPT und Konsorten. Viel Spaß beim Lesen!

Was ist SIBO genau?

SIBO (Small Intestinal Bacterial Overgrowth) ist schlicht und einfach eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms. Im Gegensatz zu Keimen, an die man bei Bakterien vielleicht eher denkt, handelt es sich nicht um eine klassische Infektion mit Krankheitserregern, sondern vielmehr um eine Besiedlung mit eigentlich normalen Darmbakterien – also Bakterien, die in einem gesunden Verdauungstrakt üblicherweise zu finden sind.

Allerdings haben sich bei SIBO diese Bakterien am falschen Ort angesiedelt. Normalerweise leben die meisten Mikroorganismen im Dickdarm. Bei SIBO jedoch kommt es zu einer vermehrten Ansiedlung von Mikroben im Dünndarm, wo sie physiologisch (also im gesunden Zustand) nur in geringer Zahl vorhanden sein sollten. Wichtig zu verstehen ist also, dass die Bakterien, die sich angesiedelt haben, nicht generell “schlecht” oder “böse” sind, sie gehören nur in dieser Menge nicht in den Dünndarm.

Um diesen Zusammenhang besser nachzuvollziehen, lohnt sich ein Blick in die Verteilung von Mikroorganismen im Verdauungstrakt

  • Mundhöhle

    Die ersten Bakterien – auch “gute” – befinden sich schon im Mund. Denn auch unser Mund verfügt über ein eigenes Mikrobiom, und es existiert auch eine Mund-Darm-Achse.

  • Ösophagus und Magen

    Hier befinden sich wenige Bakterien, im Magen überleben nur spezielle säureresistente Stämme. Krankheitserregende Darmbakterien wie E. coli aktivieren Schutzmechanismen, um im sauren Milieu des Magens zu überleben.

  • Dünndarm & Dickdarm

    Die Menge an Mikroorganismen im Dünndarm liegt bei etwa 1.000 bis 10.000 (10³ bis 10⁴) Keimen pro Milliliter – im Gegensatz dazu leben im Dickdarm etwa 10¹¹-10¹² Bakterien pro Gramm Darminhalt (siehe Box für mehr dazu). Die Größenordnungen werden also schnell deutlich. Bei SIBO verschiebt sich dieses Verhältnis und es befinden sich mehr Bakterien im Dünndarm – die Zahl steigt auf 10⁵ bis 10⁶ pro ml oder sogar darüber hinaus. Und genau dadurch wird SIBO definiert, denn das ist das diagnostische Kriterium laut Definition der ICD-10-Klassifikation durch die Weltgesundheitsorganisation (K63.82 für die Gruppe mit Untergruppencodes).

10¹¹-10¹² Bakterien pro Gramm Darminhalt – womit kannst Du das vergleichen?

  • Stand September 2025 geht die Gesamtzahl aller Videoaufrufe auf YouTube in den 10¹²-Bereich.
  • Im menschlichen Körper befinden sich ca. 10¹¹ bis 10¹² Kilometer DNA, wenn man alle Zellen zusammenrechnet – wenn man sie entrollen würde.

Wie kommt es zur Entstehung von SIBO?

Die Entstehung ist wie bei anderen Darmerkrankungen noch nicht vollends geklärt und scheint auch multifaktoriell zu sein – das bedeutet, es gibt vermutlich mehrere Ursachen, die auch gleichzeitig vorliegen können.

Zum einen kann SIBO auf dem Boden anderer Erkrankungen oder Eingriffen entstehen – denn der Darm interagiert mit dem Rest des Körpers und wird im Umkehrschluss auch von ihm beeinflusst:

  • So zeigt sich beispielsweise ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von SIBO und Erkrankungen wie Leberzirrhose, Herzinsuffizienz, Diabetes, Niereninsuffizienz, Schilddrüsenunterfunktion und auch neurologischen Erkrankungen wie Parkinson1,2,3.
  • Auch mit anderen Darmerkrankungen wie der Helicobacter pylori Infektion, dem Reizdarmsyndrom oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (besonders Morbus Crohn) wird SIBO assoziiert1.

Weitere Ursachen und Mechanismen für die Entstehung von SIBO

  • verminderte Darmmotilität (medikamentenbedingt oder krankheitsbedingt sowie bei unausgewogener, ballaststoffarmer Ernährung)
  • verminderte Magensäureproduktion
  • eine beeinträchtigte Ileozäkalklappe (das ist die Verbindung und gleichzeitig Trennung zwischen Dünndarm und Dickdarm; ein niedriger Druck ist assoziiert mit SIBO4)
  • Medikamente, zum Beispiel Protonenpumpeninhibitoren (bekannt als “Magenschutz”) oder auch ein Magensäuremangel anderer Ursache
  • Alkohol und andere Drogen
  • Operationen, Strahlentherapie und Co.
  • etwas unspezifischer, aber als Einfluss nicht zu vernachlässigen: Ernährung, Stress, Umweltbelastung, und ein bisschen Genetik ist mit Sicherheit auch dabei

Wichtig zu betonen ist, dass die Beziehung zwischen SIBO und anderen Erkrankungen bidirektional ist, das heißt, SIBO kann obige und weitere Symptome und Pathologien begünstigen und andersherum. Du kannst es Dir so ähnlich vorstellen wie bei Huhn und Ei – was zuerst kam, wissen wir nicht, wenn beides einmal da ist.

Das alles kann die Funktion des Darms beeinträchtigen und dadurch die typischen SIBO-Symptome verursachen – welche das sind?

Mit welchen Symptomen wird SIBO in Verbindung gebracht?

Die Symptome einer Dünndarmfehlbesiedlung sind vielfältig und überschneiden sich häufig mit anderen Erkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom (RDS).

Die Symptome entstehen vor allem durch die bakterielle Fermentation von Nahrungsbestandteilen im Dünndarm, was zu einer verstärkten Gasbildung, Entzündung und Störung der Nährstoffaufnahme führen kann.

Beispiele typischer SIBO-Symptome

  • Blähungen (häufig bereits kurz nach dem Essen)
  • Meteorismus (sichtbarer Blähbauch durch Gasansammlungen)
  • Bauchschmerzen und Druckgefühl, v. a. im Mittel- und Oberbauch
  • Aufstoßen und vermehrte Gasbildung
  • wechselhafter Stuhlgang, unter anderem Durchfälle (osmotisch bedingt), Verstopfung (v. a. bei methanbildenden Mikroben), Mischformen und Fettstühle (voluminös, glänzend, schwer zu spülen)
  • Übelkeit und Völlegefühl, v. a. nach fettreichen Mahlzeiten
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten (v. a. FODMAPs)
  • Verdauungsrückstände im Stuhl
  • chronische Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, „Brain Fog“
  • ungewollter Gewichtsverlust

Bei FODMAPs handelt sich um Lebensmittel reich an fermentierbaren Oligo-, Di-, Monosacchariden und Polyolen – kurz gesagt, reich an leicht vergärbaren Kohlenhydraten und Zuckeralkoholen, die von manchen Menschen schlecht vertragen werden, was Symptome wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall verursachen kann. Die Low-FODMAP-Diät ist eine Ernährungsweise, die darauf abzielt, diese kurzkettigen Kohlenhydrate zu meiden und dadurch Beschwerden zu lindern.

Viele Patienten leiden auch an einer Malabsorptionsstörung, was bedeutet, dass wichtige Nährstoffe (z. B. Vitamin B12, Eisen, Fette, fettlösliche Vitamine) schlechter aufgenommen werden – das kommt besonders durch Schleimhautschäden und entzündliche Reaktionen im Dünndarm zustande.

Wusstest Du, dass viele Betroffene zunächst mit dem Verdacht auf Reizdarm diagnostiziert werden, obwohl sie eigentlich SIBO haben? Studien zeigen tatsächlich, dass bis zu knapp 50 % der Patienten mit Reizdarmsymptomatik ein potenziell zugrunde liegendes SIBO-Syndrom aufweisen5. Im Gegensatz zum Reizdarmsyndrom gibt es bei SIBO definierte Ursachen und klare Kriterien zur Diagnose – während Reizdarm mehr eine Ausschlussdiagnose darstellt.

Damit kommen wir schon zur Diagnostik – wie wird denn SIBO eigentlich nachgewiesen und worauf solltest Du achten?

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Der Weg zur SIBO-Diagnose – Atemtests, Verdauungsflüssigkeit und mehr

Der Goldstandard zum Nachweis von SIBO ist die Messung des Bakteriengehalts in der Dünndarmflüssigkeit. Das Aspirat muss über eine Endoskopie gewonnen werden und ist damit ein invasiver Eingriff. Unterstützend werden häufig Atemtests genutzt, die nach dem Verzehr einer Zuckerlösung (meist Laktulose oder Glukose) den Gehalt von bestimmten Gasen in der Atemluft messen. Diese Tests weisen zwar eine etwas geringere Sensitivität und Spezifität (siehe Box) auf, sind jedoch deutlich leichter durchzuführen.

Zufolge neuester Ergebnisse soll zusätzlich auch das Calprotectin im Stuhl, ein Wert, der primär zur Diagnose chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen genutzt wird, auf SIBO hinweisen können6. Diese Erkenntnis zeigte sich bisher jedoch vor allem in Zusammenhang mit dem Krankheitsbild der systemischen Sklerose.

Sensitivität und Spezifität von Atemtests

  • Sensitivität: Sie misst den Anteil der tatsächlichen Positiven, die korrekt als solche erkannt werden (hier: der Anteil der SIBO-Erkrankten, die durch den Atemtest korrekt als solche erkannt werden).
  • Spezifität: Sie misst den Anteil der tatsächlichen Negativen, die korrekt als solche identifiziert werden (hier: der Anteil der nicht an SIBO-Erkrankten, die korrekt als nicht krank erkannt werden).

Die Diagnosekriterien der WHO richten sich nach dem Goldstandard: In der Dünndarmflüssigkeit muss die Konzentration an Darmbakterien mindestens 105 Zellen/ml betragen. Weiterhin wird in verschiedene Untergruppen von SIBO unterteilt.

Bestimmung der SIBO-Typen

Je nach Bakteriengattung, die den Dünndarm überwuchert, werden bei SIBO unterschiedliche Gase vermehrt produziert, die dann in einem Atemtest bestimmt werden können. In Abhängigkeit vom dominierenden Gas unterscheiden sich bei SIBO auch die Symptome. Folgende SIBO-Typen werden auf Basis der Ergebnisse eines Atemtests unterschieden:

  • Methandominante SIBO / IMO

    Hier wird das Methan in den meisten Fällen nicht von Bakterien, sondern Archaeen produziert. Zudem ist in der Regel nicht allein der Dünndarm, sondern auch der Dickdarm befallen. Deswegen sprechen wir auch von IMO (Intestinal Methan Overgrowth). IMO wird häufig mit Verstopfung in Verbindung gebracht. 

  • Wasserstoffdominante SIBO

    Bei diesem Typ von SIBO verursacht der von den überwuchenden Bakterien produzierte Wasserstoff die Symptome aus. Diese SIBO-Form wird häufig von Durchfall begleitet.

  • Schwefelwasserstoff-SIBO

    Dieser SIBO-Typ, auch H2S-Typ genannt, nimmt eine Sonderrolle ein, da sie dann angenommen wird, wenn im gesamten Atemtest keine erhöhte Konzentration eines Gases feststellbar ist. Hier kann eine Mikrobiomanalyse als weitere Testmethode mehr Klarheit verschaffen.

Bei der Diagnostik wendest Du Dich am besten an den Arzt oder die Ärztin Deines Vertrauens. Zusammen könnt Ihr am besten die Wahl der Methode die Art des Atemtests bestimmen. Was Du aber dann tun kannst und wie eine Therapie aussehen könnte, das besprechen wir jetzt.

Was hilft bei SIBO wirklich?

Die Behandlung von SIBO erfordert ein schrittweises Vorgehen, das auf mehreren Ebenen ansetzt – von der Ernährungsumstellung bis hin zur gezielten Therapie. Wichtig ist, dass Du auf Deine Symptome und Deinen Körper achtest, denn die Evidenz zur Behandlung von SIBO zeigt oft uneinheitliche Ergebnisse, eventuell wegen Unterschiede der Erkrankten.

Am Anfang steht die Symptomkontrolle. Die könnte zum Beispiel so aussehen:

  • 1. Langsames, achtsames Essen mit vielen Pausen zwischen den Mahlzeiten

    Wenn Du gut kaust und in Ruhe isst, aktivierst Du den sogenannten Parasympathikus – den Teil des Nervensystems, der bei der Verdauung aktiviert ist – und regelmäßige Pausen zwischen den Mahlzeiten (z. B. 4–5 Stunden) können helfen, die natürliche Darmbewegung zu fördern.

  • 2. Kein Stress!

    Auch wenn dies leichter gesagt als getan ist: Stressreduktion kann helfen, die Ausschüttung von Verdauungsenzymen zu fördern.

  • 3. Nahrungsergänzungen

    Enzymsupplementierung kann Dir dabei helfen, die Nährstoffaufnahme zu verbessern und Gärungsprozesse, bei denen Gase entstehen, zu vermindern.

  • 4. Reduzierung von FODMAPs

    Bestimmte Kohlenhydrate (FODMAPs) werden von den Bakterien im Dünndarm besonders leicht vergoren – die vorübergehende Reduktion kann helfen, die Symptome zu mindern.

Allein das ist langfristig oft nicht nachhaltig – denn die Ursache, die Fehlbesiedlung, bleibt noch bestehen. Im nächsten Schritt geht es also um eine Beseitigung der Bakterien, die “zu viel” sind.

Reduktion der Bakterien bei SIBO / Dünndarmfehlbesiedlung

Hierbei gibt es mehrere Ansätze, von Antibiotikagabe bis zu pflanzlichen Wirkstoffen, die das Bakterienwachstum hemmen können. Die natürliche Unterstützung bei SIBO findet beispielsweise mittels Pflanzenstoffe wie Knoblauchextrakte mit hohem Allicingehalt, Oreganoöl, Berberin, Zimt oder Schwarzkümmel statt. Die Evidenz hierzu steht aktuell zu großen Teilen noch aus, erste Ergebnisse sind jedoch erfreulicherweise positiv7,8. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass eine Kombination aus Antibiotikum (Rifaximin) und partiell-hydrolysiertem Guarkernmehl (PHGG), besser zu wirken scheint als eine alleinige Antibiotikagabe9.

Neben der Keimeradikation zur Reduktion der Bakterien im Dünndarm ist auch eine Unterstützung der Darmschleimhaut sowie der Verdauung wichtig. Während der Eradikation werden gleichzeitig die meisten “guten” Bakterien angegriffen, welche wichtige Stoffe zum Erhalt der Darmbarriere und der allgemeinen Gesundheit produzieren – es ist daher wichtig, den Darm und die Verdauung beispielsweise über sanftere Ballaststoffe zu unterstützen. Dazu zählen beispielsweise PHGG, Akazienfasern oder auch resistente Stärke. Weiterhin können einige Pflanzenextrakte reich an Polyphenolen10,11, oder auch L-Glutamin12 potenziell die Darmbarriere stärken, wobei letztere Empfehlung besonders auf Erfahrung basiert.

Besonders wichtig nach all dem ist es jedoch, Deinen Lebensstil auch nach der Beseitigung der Symptome gesund, reich an Ballaststoffen sowie möglichst stressarm zu gestalten, um Deinen Darm langfristig im Gleichgewicht zu halten.

Fazit: SIBO als komplexes Krankheitsbild mit viel Therapiepotenzial

SIBO ist komplex – und genau deshalb braucht es eine strukturierte, ganzheitliche Herangehensweise. Nicht jede Maßnahme ist für alle gleich sinnvoll, aber wenn Du Schritt für Schritt vorgehst, stehen die Chancen gut, dass Du langfristig wieder zu einem stabilen Verdauungssystem zurückfindest. Denn trotz teilweise unvollständiger Evidenz zeigen sich mehrere vielversprechende Möglichkeiten zur Besserung der Symptome bis hin zur Remission, die ebenfalls in einigen Studien erreicht werden konnte.


Referenzen (Englisch):

  1. Sroka, N., Rydzewska-Rosołowska, A., Kakareko, K., Rosołowski, M., Głowińska, I., & Hryszko, T. (2022). Show Me What You Have Inside-The Complex Interplay between SIBO and Multiple Medical Conditions-A Systematic Review. Nutrients, 15(1), 90. https://doi.org/10.3390/nu15010090
  2. Gunnarsdottir, S. A., Sadik, R., Shev, S., Simrén, M., Sjövall, H., Stotzer, P. O., Abrahamsson, H., Olsson, R., & Björnsson, E. S. (2003). Small intestinal motility disturbances and bacterial overgrowth in patients with liver cirrhosis and portal hypertension. The American journal of gastroenterology, 98(6), 1362–1370. https://doi.org/10.1111/j.1572-0241.2003.07475.x
  3. Song, Y., Liu, Y., Qi, B., Cui, X., Dong, X., Wang, Y., Han, X., Li, F., Shen, D., Zhang, X., Hu, K., Chen, S., Zhou, J., & Ge, J. (2021). Association of Small Intestinal Bacterial Overgrowth With Heart Failure and Its Prediction for Short-Term Outcomes. Journal of the American Heart Association, 10(7), e015292. https://doi.org/10.1161/JAHA.119.015292
  4. Roland, B. C., Ciarleglio, M. M., Clarke, J. O., Semler, J. R., Tomakin, E., Mullin, G. E., & Pasricha, P. J. (2014). Low ileocecal valve pressure is significantly associated with small intestinal bacterial overgrowth (SIBO). Digestive diseases and sciences, 59(6), 1269–1277. https://doi.org/10.1007/s10620-014-3166-7
  5. Poon, D., Law, G. R., Major, G., & Andreyev, H. J. N. (2022). A systematic review and meta-analysis on the prevalence of non-malignant, organic gastrointestinal disorders misdiagnosed as irritable bowel syndrome. Scientific reports, 12(1), 1949. https://doi.org/10.1038/s41598-022-05933-1
  6. Marie, I., Leroi, A. M., Menard, J. F., Levesque, H., Quillard, M., & Ducrotte, P. (2015). Fecal calprotectin in systemic sclerosis and review of the literature. Autoimmunity reviews, 14(6), 547–554. https://doi.org/10.1016/j.autrev.2015.01.018
  7. Redondo-Cuevas, L., Belloch, L., Martín-Carbonell, V., Nicolás, A., Alexandra, I., Sanchis, L., Ynfante, M., Colmenares, M., Mora, M., Liebana, A. R., Antequera, B., Grau, F., Molés, J. R., Cuesta, R., Díaz, S., Sancho, N., Tomás, H., Gonzalvo, J., Jaén, M., Sánchez, E., … Cortés-Rizo, X. (2024). Do Herbal Supplements and Probiotics Complement Antibiotics and Diet in the Management of SIBO? A Randomized Clinical Trial. Nutrients, 16(7), 1083. https://doi.org/10.3390/nu16071083
  8. Chedid, V., Dhalla, S., Clarke, J. O., Roland, B. C., Dunbar, K. B., Koh, J., Justino, E., Tomakin, E., & Mullin, G. E. (2014). Herbal therapy is equivalent to rifaximin for the treatment of small intestinal bacterial overgrowth. Global advances in health and medicine, 3(3), 16–24. https://doi.org/10.7453/gahmj.2014.019
  9. Furnari, M., Parodi, A., Gemignani, L., Giannini, E. G., Marenco, S., Savarino, E., Assandri, L., Fazio, V., Bonfanti, D., Inferrera, S., & Savarino, V. (2010). Clinical trial: the combination of rifaximin with partially hydrolysed guar gum is more effective than rifaximin alone in eradicating small intestinal bacterial overgrowth. Alimentary pharmacology & therapeutics, 32(8), 1000–1006. https://doi.org/10.1111/j.1365-2036.2010.04436.x
  10. Marino, M., Del Bo’, C., Martini, D., Perna, S., Porrini, M., Cherubini, A., Gargari, G., Meroño, T., Hidalgo-Liberona, N., Andres-Lacueva, C., Kroon, P. A., Guglielmetti, S., & Riso, P. (2024). A (poly)phenol-rich diet reduces serum and faecal calprotectin in older adults with increased intestinal permeability: the MaPLE randomised controlled trial. BMC geriatrics, 24(1), 707. https://doi.org/10.1186/s12877-024-05272-y
  11. Del Bo’, C., Bernardi, S., Cherubini, A., Porrini, M., Gargari, G., Hidalgo-Liberona, N., González-Domínguez, R., Zamora-Ros, R., Peron, G., Marino, M., Gigliotti, L., Winterbone, M. S., Kirkup, B., Kroon, P. A., Andres-Lacueva, C., Guglielmetti, S., & Riso, P. (2021). A polyphenol-rich dietary pattern improves intestinal permeability, evaluated as serum zonulin levels, in older subjects: The MaPLE randomised controlled trial. Clinical nutrition (Edinburgh, Scotland), 40(5), 3006–3018. https://doi.org/10.1016/j.clnu.2020.12.014
  12. Abbasi, F., Haghighat Lari, M. M., Khosravi, G. R., Mansouri, E., Payandeh, N., & Milajerdi, A. (2024). A systematic review and meta-analysis of clinical trials on the effects of glutamine supplementation on gut permeability in adults. Amino acids, 56(1), 60. https://doi.org/10.1007/s00726-024-03420-7

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Verarbeitete Lebensmittel: Wann sie schädlich für die Darmgesundheit sind

Isst Du viele verarbeitete Lebensmittel? Das muss nicht unbedingt schlecht sein für Deine Darmgesundheit – es kann allerdings. Denn verarbeitete Lebensmittel sind per se nicht schlecht: Einige Lebensmittel müssen überhaupt erst verarbeitet werden, damit sie genießbar bzw. für uns verdaulich werden (die meisten Hülsenfrüchte), oder einen größeren gesundheitlichen Nutzen für uns haben (bspw. fermentierte Produkte wie Sauerkraut).

In diesem Blogbeitrag gehen wir auf eine bestimmte Form verarbeiteter Lebensmittel ein: Erhitzte Lebensmittel. Nach dem Lesen wirst Du verstehen, wieso diese für Deine Darmgesundheit potentiell schädlich sind – und ursächlich für Darmleiden wie Reizdarm oder Leaky Gut sein können. Ebenso werden wir Dir sagen, was Du tun kannst, um Deine Darmgesundheit gegen die negativen Auswirkungen erhitzter Lebensmittel zu schützen.

Hinweis: Wie immer sind die Informationen in unserem Artikel von uns selbst recherchiert und geschrieben – ohne Beteiligung von ChatGPT und Konsorten. Viel Spaß beim Lesen!

Wichtigste Erkenntnisse vorab

  • AGEs können für oxidativem Stress, Entzündungsreaktionen im Darm und Leaky Gut ursächlich sein. Zudem können AGEs unser Mikrobiom beeinflussen.
  • Vor allem die Aufnahme verarbeiteter Lebensmittel kann die Konzentration von AGEs in unserem Körper erhöhen.
  • Antioxidantien, Polyphenole, Pro- und Präbiotika, sowie Mikronährstoffe können dabei unterstützen, die Konzentration von AGEs in unserem Körper zu senken.

Definition und Ursprung von AGEs

AGEs steht für “Advanced Glycation End Products” oder auf deutsch für “fortgeschrittenes Verzuckerungs-Endprodukt”. Es handelt sich dabei um Proteine, Fette oder andere Moleküle, die mit Zuckern reagiert haben und aufgrund dieser Reaktion in ihrer molekularen Struktur verändert wurden.

Im Gegensatz zu vielen normalen biochemischen Reaktionen im Körper findet die für AGEs ursächliche Glykisierung (Verzuckerung) nicht-enzymatisch statt; also ohne, dass wie sonst üblich Enzyme die Reaktion kontrolliert durchführen. Durch Glykisierung hängen nun Zuckerreste an diesen veränderten Molekülen. Das Fatale: Diese Reaktion, genannt Maillard-Reaktion, ist irreversibel, kann also nicht umgekehrt werden. AGEs bestehen somit im Körper fort und können potenziell Schaden anrichten.

AGEs sind an der Entwicklung verschiedener chronischer Entzündungserkrankungen beteiligt, unter anderem an Diabetes mellitus Typ II, Gefäß- und Herz-Kreislauferkrankungen, Osteoporose und Arthritis. Wie Du vielleicht bereits vermutest, können AGEs auch bei Darmerkrankungen wie Reizdarm und Leaky Gut eine Rolle spielen.

AGEs können im Körper selbst entstehen; dann sprechen wir von endogenen AGEs. Sie können sich auch bereits in Lebensmitteln befinden, die wir zu uns nehmen; wir nennen diese Art von AGEs exogene AGEs.

  • Endogene AGEs

    Endogene AGEs werden im Körper in allen Geweben und Körperflüssigkeiten gebildet, beispielsweise im Blut. Hier ist unter anderem bekannt, dass bei erhöhter Blutzuckerkonzentration, wie es bei Diabetes oder Insulinresistenz der Fall ist, vermehrt das AGE HbA1c gebildet wird, ein glykiertes Hämoglobin (roter Blutfarbstoff).

    Ein weiteres Beispiel für die Entstehung von AGEs ist die Glykierung langlebiger Proteine wie Kollagen und Elastin im Bindegewebe, was mit einer verminderten Gewebeelastizität und der Entwicklung von Komplikationen wie Arteriosklerose assoziiert ist1.

    Dieses und andere AGEs können dann unter anderem reaktive Sauerstoff- (ROS) und Stickstoffspezies (RNS) – auch freie Radikale genannt – sowie Entzündungen erzeugen, was zu Proteinveränderungen, zellulärer Dysfunktion und Apoptose (programmierter Zelltod), und schließlich zu Verletzungen mehrerer Gewebe/Organe führt2.

  • Exogene AGEs

    Exogene AGEs werden hauptsächlich über die Nahrung aufgenommen. Auch Tabak enthält AGEs bzw. fördert deren Entstehung. Exogene AGEs entstehen bei der Verarbeitung von Lebensmitteln unter Hitze, insbesondere durch Braten, Grillen, Backen und Rösten: Hohe Temperaturen, niedrige Feuchtigkeit und längere Garzeiten begünstigen die Bildung von AGEs3.

    Die durch Lebensmittel aufgenommene Menge an AGEs variiert stark zwischen verschiedenen Ernährungsweisen. Dabei scheint es zunehmend klarer, dass die klassische westliche Ernährungsweise einen wesentlich größeren AGE-Anteil zu haben scheint als andere Ernährungsformen. (Als “westliche Ernährungsweise” verstehen wir einen hohen Konsum von Lebensmitteln mit geringem Sättigungseffekt und wenig Mikronährstoffen.)

Welchen Einfluss hat die Ernährung auf die Aufnahme von AGEs?

Die Verarbeitung von Lebensmitteln hat einen Einfluss auf ihren AGE-Gehalt. Gleichzeitig ist uns bekannt, dass eine Ernährungsweise mit einem größeren Anteil an verarbeiteten Lebensmitteln potenziell gesundheitsschädigend ist. Weiterhin wissen wir, dass eine hohe Zufuhr exogener AGEs mit erhöhten Entzündungsmarkern sowie Insulinresistenz korreliert4,5.

Daraus ergibt sich die Hypothese, dass AGEs zumindest teilweise für die erhöhten Entzündungsmarker und Insulinresistenz verantwortlich sein können. Auch wenn es sich derzeit nicht abschließend beweisen lässt, liegen eindeutige Hinweise vor, dass der Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln und der Gehalt von AGEs miteinander zusammenhängen, wie wir im Folgenden zeigen:

Fleisch mehr AGEs als Gemüse
  • Fleischprodukte, auch roh, enthalten höhere Konzentrationen an AGEs als pflanzliche Produkte. Dieser Gehalt wird zusätzlich erhöht bei Verarbeitung mittels trockener Hitze (Grillen, Braten)6.
  • Somit ergibt sich, dass eine Ernährung reich an verarbeitetem Fleisch oder anderen stark erhitzten Lebensmitteln (wie Fast Food und Fertiggerichten, die typisch-westliche Diät) einen besonders hohen Anteil an AGEs enthält.
  • Weiterhin bedeutet es, dass Ernährungsweisen mit einem hohen pflanzlichen Anteil und schonenderer Zubereitung tendenziell weniger AGEs enthalten. Ein Beispiel hierfür ist die mediterrane Ernährung – wenn sie denn nicht nur aus Pizza besteht. Auch eine vegetarische bzw. vegane Ernährung scheint mit einer geringeren Aufnahme von AGEs einherzugehen, da pflanzliche Nahrungsmittel unter Verarbeitung durch Hitze grundsätzlich weniger AGEs enthalten.
  • Allerdings: Zum letzten Punkt lassen sich durchaus gegensätzliche Ergebnisse finden – insgesamt kommt es auch bei einer pflanzlichen Diät anscheinend auf den Verarbeitungsgrad der Lebensmittel an7. Der niedrigste Gehalt an AGEs lässt sich vermutlich bei der Rohkost-Ernährung feststellen, da hierbei Lebensmittel erst gar nicht erhitzt werden8.

Es zeigt sich, dass die Ernährungsform einen wesentlichen Einfluss auf die Aufnahme von AGEs hat. Durch die Wahl schonender Garmethoden (z. B. Dünsten statt Grillen) und den Verzehr frischer, unverarbeiteter Lebensmittel lässt sich die Aufnahme von AGEs wohl reduzieren.

Nun können wir klären, welchen Einfluss AGEs auf unsere Gesundheit und besonders auf unseren Darm, der ständig mit AGEs konfrontiert wird, haben.

Welchen Einfluss haben AGEs auf Deinen Darm und Gesundheit?

AGEs beeinflussen sowohl unsere Darmgesundheit als auch systemische Erkrankungen durch ihre proinflammatorischen, oxidativen und glykierenden Eigenschaften. Ihre Wirkung entfalten AGEs dabei auf unterschiedliche Art und Weise. Einer dieser Wirkungsmechanismen ist die Aktivierung des AGE-Rezeptors (RAGE), der wohl auch teilweise für die altersbedingte Neigung zu Entzündungserkrankungen verantwortlich zu sein scheint. Zu typischen chronisch-entzündlichen Erkrankungen zählen neben Diabetes und Atherosklerose auch diverse Darmerkrankungen. Im Folgenden konzentrieren wir uns vor allem auf die Effekte von AGEs und dem Rezeptor RAGE auf unsere Darmgesundheit.

RAGE ist für seine entzündungsfördernden Effekte bekannt – so auch im Darm. Es gibt Hinweise darauf, dass AGEs, unter anderem über die Wirkung am RAGE-Rezeptor, entzündungsfördernd wirken und Störungen wie das Reizdarmsyndrom begünstigen könnten1. Dies zeigt sich bisher vor allem im Rahmen von Tierstudien: Tiere erhielten hier eine Ernährung besonders reich an AGEs verabreicht – vermehrter oxidativer Stress, Entzündungsreaktionen im Darm und erhöhte Durchlässigkeit des Darms (Leaky Gut) waren die Folge11,12. (Zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und effektiven Maßnahmen bei Leaky Gut haben wir im letzten Blogbeitrag geschrieben.)

Weiterhin bestehen Hinweise, dass AGEs das Darmmikrobiom (negativ) beeinflussen. Eine systematische Übersichtsarbeit lieferte das Ergebnis, dass es bei hohem AGE-Konsum durchaus zu Änderungen der Mikrobiomzusammensetzung kommen kann, beispielsweise zur Reduktion von Laktobazillen oder butyratbildenden Bakterien. (Wieso die kurzkettige Fettsäure Butyrat wichtig für Deine Darmgesundheit ist, kannst Du in diesem Beitrag lesen.) Es ist hierbei noch nicht vollends geklärt, inwiefern sich eine AGE-arme Ernährung protektiv auf unsere Darmflora auswirkt1.

Auch über den Darm hinaus wirken sich AGEs negativ aus. So tragen AGEs auch potenziell zur Entstehung von Insulinresistenz12, Atherosklerose und Nierenerkrankungen (vor allem diabetesbedingt) sowie weiteren altersbedingten, vor allem entzündlichen Erkrankungen bei. Eine Reduktion der AGEs ist daher ein vielversprechender Ansatz, das Risiko für mit AGEs in Verbindung stehenden Erkrankungen zu mindern. Ob und wie das funktioniert, erfährst Du im folgenden Abschnitt.

Wie kannst Du die Aufnahme von AGEs reduzieren?

Es gibt viele Ansätze, die Gesamtmenge an AGEs in Deinem Körper zu reduzieren. In erster Linie gehört eine Ernährungsumstellung auf weniger verarbeitete, weniger heiß und trocken erhitzte Lebensmittel sowie mehr pflanzliche Quellen13. Darüber hinaus gibt es erste Hinweise darauf, dass einige Polyphenole, Pro- und Präbiotika und andere Mikronährstoffe helfen können, die Gesamtmenge an AGEs im Körper zu verringern.

Hierbei gibt es unterschiedliche Ansätze: Darunter die Hemmung der Glykierungsreaktionen (auch wenn diese nicht-enzymatisch sind, kann das Milieu verändert werden), die Verminderung des Blutzuckers oder die Stärkung des antioxidativen Systems, da die Bildung von AGEs durch Stress gefördert wird14. Auch eine Hemmung des Signalwegs über den RAGE-Rezeptor wird in Betracht gezogen.

Im Folgenden blicken wir auf aktuelle Forschungsergebnisse zu möglichen natürlichen Stoffen, die die Bildung von AGEs hemmen bzw. AGEs eliminieren können.

  • Antioxidantien

    Antioxidantien sind eine Gruppe an Stoffen, die sogenannte freie Radikale reduzieren können. Dadurch können Antioxidantien Deine Zellen vor oxidativem Stress schützen. Viele Stoffe, die zu den Antioxidantien zählen, erfüllen darüber hinaus weitere Funktionen.

    Polyphenole (sekundäre Pflanzenstoffe) wie jene aus dem Traubenkern (bspw. OPC), Quercetin oder auch Resveratrol verfügen über das Potential, AGEs zu reduzieren. Eine Übersichtsarbeit von fünf randomisierten kontrollierten Studien kommt zu dem Ergebnis, dass Traubenkern-Polyphenole einen positiven Effekt auf die AGE-Reduktion haben können15. Die Polyphenole verhinderten unter anderem die Bildung von AGEs und könnten in Lebensmitteln protektiv eingesetzt werden. In einer in-vitro Studie wurden weitere Antioxidantien, darunter Vitamin C und Quercetin, an einem Modell zur Hemmung der AGE-Bildung eingesetzt – mit Erfolg16.

    Auch Curcumin, der sekundäre Pflanzenstoff der Kurkuma-Wurzel, zeigt sich vielversprechend. In einer Analyse unter anderem einer Humanstudie und diversen in-vivo (an Tieren) und in-vitro Studien kam zu dem Schluss, dass Curcumin einen hemmenden Effekt auf die Bildung von AGEs und die Folgereaktionen, die AGEs eingehen, hat. Weitere klinische Studien sind nötig, um diesen Effekt genauer zu untersuchen17.

  • Probiotika

    Da die meisten exogenen AGEs in den Darm zur Aufnahme gelangen, ist es naheliegend, dass das Darmmikrobiom und die Verdauung ebenfalls eine Rolle in der Modulation der AGEs spielen. So gibt es Hinweise darauf, dass eine Veränderung des Darmmikrobioms die Aufnahme von AGEs verringern bzw. die gesundheitlichen Folgen von AGEs teilweise neutralisieren kann18. Im Speziellen geht es dabei um Probiotika, also um lebende Bakterienstämme, die eingenommen werden, um das Darmmikrobiom zu bereichern. (Wann Probiotika zudem nützlich für Deine Darmgesundheit sein können, haben wir hier beschrieben.)

    Ein Beispiel für die praktische Anwendung von Probiotika zur Reduktion von AGEs ist Diabetes mellitus Typ 2, wobei Patienten typischerweise erhöhte HbA1c-Level aufweisen:

    • In einer Metaanalyse wurden 30 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 1827 Diabetes-Patienten analysiert19. Neben anderen Parametern, die die klinische Situation der Patienten beurteilen, reduzierte sich auch der HbA1c-Wert signifikant nach der Supplementierung mit Probiotika.
    • In einer weiteren Metaanalyse konnte außerdem ein klarer, potenziell ursächlicher Zusammenhang zwischen diversen Veränderungen des Darmmikrobioms und der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 festgestellt werden20. Weiterhin wurden erneut reduzierte HbA1c-Werte in der Probiotika-Gruppe festgestellt.
  • Präbiotika

    Präbiotika – das sind bestimmte Ballaststoffe, die den Darmbakterien als Nahrung dienen und damit deren Wachstum fördern – spielen eine wichtige Rolle für unsere Darmgesundheit. (Erfahre in diesem Artikel, wieso der Ballaststoff PHGG vorteilhaft für Deine Darmgesundheit sein kann.) Auch Präbiotika werden aktuell genauer hinsichtlich ihres Potentials zur Reduktion von AGEs bei Diabetes mellitus Typ 2 untersucht:

    • So wurde in einer randomisierten kontrollierten Studie mit 56 Teilnehmern mit Diabetes mellitus Typ 2 der Einfluss von Präbiotika (resistentes Dextrin) auf die Konzentrationen von AGEs sowie kardiovaskuläre Risikofaktoren untersucht21. Hierbei konnte sowohl eine signifikante Reduktion einiger AGEs als auch die Verbesserung einiger Laborwerte (u. a. Triglyceride, hsCRP, atherogener Index) festgestellt werden.
    • Eine weitere Studie mit 53 prädiabetischen Patienten befasste sich mit dem Effekt einer Mischung aus Präbiotika (Konjakglukomannan & Galaktooligosaccharide) und einem Postbiotikum (pasteurisierte Bakterien) auf die Diabetes-Werte und die Zusammensetzung des Darmmikrobioms22. Das Ergebnis: Die zwölfwöchige Intervention führte zu einer Verringerung des HbA1c-Werts unter den prädiabetischen Schwellenwert sowie zu einer Erhöhung butyratproduzierender Bakterien.
  • Unser Tipp: Akazienfasern

    Ein Präbiotikum, welches wir Dir ans Herz legen möchten, sind Akazienfasern. Schon lange als Gummi Arabicum genutzt, gerät es jetzt in den Fokus aufgrund seines Aufbaus. Es handelt sich um ein komplexes Polysaccharid, also um einen besonders langkettigen Zucker, der damit präbiotische Effekte haben kann.
    In Studien zeigt sich der Ballaststoff zudem vielversprechend:

    • Eine Studie mit 80 Teilnehmern, die ein erhöhtes Risiko für das metabolische Syndrom hatten, konnte unter anderem über einen positiven Effekt auf den Nüchtern-Blutzuckerwert und den Blutdruck berichtet werden.
    • In einer systematischen Übersichtsarbeit wurde die bisherige Evidenz weiter zusammengetragen, wobei zu den in Studien berichteten Effekten von Akazienfasern unter anderem eine Verbesserung der Blutfettwerte, des Nierenstatus, des Blutdrucks, der Entzündungswerte und eine Verbesserung von Adipositas-Zuständen zählte.
    • Auch zur Unterstützung der Behandlung von gastrointestinalen Erkrankungen wurde das Präbiotikum genutzt.

    Falls Du Akazienfaser einnehmen möchtest: easyACACIA gibt es in unserem Shop, und zwar in Bio-Qualität!

Zusammenfassung

Wir hoffen, dass wir Dir einen Einblick geben konnten, wie Du Deinen Körper am besten bei der Reduktion von AGEs unterstützen kannst. Neben einer gesunden, ausgewogenen Ernährung und schonenden Zubereitungsmethoden Deiner Lebensmittel können Dich vor allem Polyphenole, Antioxidantien, Probiotika sowie Präbiotika dabei unterstützen, weniger AGEs aufzunehmen bzw. weniger AGEs in Deinem Körper entstehen zu lassen.

Wir hoffen, Dir hat dieser Einblick gefallen. Von diesem mittlerweile schon recht großen Gebiet der Forschung werden wir wohl noch einiges hören – wir dürfen also gespannt bleiben, welche Effekte und Strategien rund um AGEs noch entdeckt werden.


Referenzen (Englisch)
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Ballaststoffunverträglichkeit bei SIBO und Reizdarm: Wie man den Darm unterstützt, ohne die Fermentation zu fördern

Ein Gastbeitrag von Lauren Steinman.

Die Verträglichkeit von Ballaststoffen ist ein zentrales und oft schwieriges Thema für viele Menschen mit Verdauungsproblemen – insbesondere, wenn der Dünndarm betroffen ist. Gleichzeitig gibt es kaum einen anderen Nährstoff, der sowohl die Darmgesundheit als auch die Langlebigkeit so stark beeinflussen kann wie Ballaststoffe. 

Bei einer bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms (SIBO, engl. Abk. für Small Intestinal Bacterial Overgrowth) kann die Fermentation bestimmter Ballaststoffe (insbesondere FODMAPs) Symptome wie Blähungen, Bauchschmerzen, Gasbildung, Durchfall, Verstopfung, Reflux, Übelkeit und vieles mehr auslösen. Viele Betroffene meiden daher Ballaststoffe vollständig – oft über Jahre hinweg. 

Menschen mit SIBO leiden häufig an einer oder mehreren zugrunde liegenden Störungen, die das Risiko für einen bakteriellen Überwucherung im Dünndarm erhöhen. Zu den häufigsten Risikofaktoren gehören:

  • eine gestörte Darmmotilität
  • eine Vorgeschichte mit Lebensmittelvergiftung
  • strukturelle Veränderungen im Dünndarm
  • verminderte Verdauungssekrete (Magensäure, Galle, Enzyme)
  • Neuropathien des enterischen Nervensystems (z. B. durch Diabetes)
  • Autoimmunerkrankungen wie Zöliakie oder Morbus Crohn
  • Entfernung der Gallenblase
  • Schilddrüsenunterfunktion

Lauren Steinman ist Doktorin der Naturheilkunde (National University of Natural Medicine, Portland, Oregon, USA, Jahrgang 2017), Heilpraktikerin, Expertin für Dünndarmfehlbesiedelung (SIBO), sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats bei MIBIOTA.

Treten diese genannten Faktoren – einzeln oder kombiniert – auf, kommt es manchmal zu einer bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms. Wenn diese Bakterien auf bestimmte fermentierbare Ballaststoffe treffen, kommt es zur übermäßigen Fermentation. Das bedeutet für viele Betroffene: Blähungen, Schmerzen und veränderte Stuhlgewohnheiten.

Wie also können wir den Darm mit notwendigen Ballaststoffen versorgen, ohne dabei Symptome auszulösen?

Diese Frage begleitet mich bei jeder einzelnen Patientin und jedem einzelnen Patienten. Die Antwort ist individuell – aber in über acht Jahren Praxiserfahrung habe ich ein gutes Gespür dafür entwickelt, was bei den meisten funktioniert und was nicht.

Zuerst: Was funktioniert nicht gut?

Es hält sich hartnäckig der Mythos, dass eine ballaststoffarme Ernährung SIBO „heilt“ und Ballaststoffe und manche Kohlenhydrate das Problem nur verschlimmern. Doch eine dauerhafte Einschränkung von Ballaststoffen und Kohlenhydraten ist keine langfristige Lösung – für 99 % der Betroffenen.

Dies bringt mich zu einer Frage, die mir fast täglich gestellt wird:

 „Kann ich ballaststoffreiche Lebensmittel essen, wenn ich SIBO habe – oder sabotiere ich damit meinen Darm?“

Um das zu beantworten, müssen wir einen Schritt zurückgehen und das Verdauungssystem und Mikrobiom kurz als Ganzes betrachten.

Dr. Mark Pimentel – einer der führenden SIBO-Forscher aus den USA – beschreibt den Dünn- und Dickdarm als zwei völlig unterschiedliche „Planeten“. Der Dünndarm ist deutlich länger, dort findet die Hauptverdauung und Nährstoffaufnahme statt, und er ist im Vergleich zum Dickdarm nur spärlich mit Bakterien besiedelt. Fermentation ist hier unerwünscht.

Im Dickdarm hingegen wird der Rest der Nahrung eingedickt – und dort leben die meisten unserer Darmbakterien. Eine ihrer Hauptaufgaben ist es, Ballaststoffe zu fermentieren und dabei sogenannte Postbiotika zu bilden – z. B. kurzkettige Fettsäuren und Peptide. Diese Prozesse beeinflussen die Darm-Hirn-Achse, die Darm-Hormon-Achse und die Darm-Immunsystem-Achse maßgeblich.

Daher ist es auf Dauer problematisch, Ballaststoffe komplett aus der Ernährung zu streichen. Unsere guten Darmbakterien benötigen sie, um zu überleben – und damit auch wir gesund bleiben.

Aber: Nicht jeder Ballaststoff ist gleich!

Über die Einteilung in löslich und unlöslich hinaus habe ich ein eigenes System entwickelt, das Ballaststoffe nach ihrer Verträglichkeit einstuft – speziell bei SIBO- und Reizdarm-Betroffenen.

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Einfache lösliche Ballaststoffe sind in meiner Praxis in der Regel gut verträglich – besonders, wenn die Dosierung langsam gesteigert wird. Hier kommt Partiell-hydrolysiertes Guarkernmehl (PHGG) ins Spiel. (In diesem Artikel erfährst Du alles über die Vorteile von PHGG.)

Warum PHGG mein bevorzugter Ballaststoff bei sensiblen Verdauungssystemen ist:

PHGG und ähnliche, sanft fermentierbare Ballaststoffe können:

  • Den Stuhl regulieren: Probleme mit der Stuhlentleerung gehören zu den Top-3-Beschwerden in meiner Praxis – PHGG kann hier eine sanfte Unterstützung bieten.
  • Die Ballaststoffzufuhr sicherstellen: Vor allem, wenn andere Quellen wie Hülsenfrüchte schwer verträglich sind. Besonders wichtig bei Frauen in der Perimenopause, wo Ballaststoffe für das hormonelle Gleichgewicht essenziell sind.
  • Die Wirksamkeit der SIBO-Behandlung verbessern: Studien zeigen, dass PHGG die Wirkung von Rifaximin verbessern kann. Meiner Erfahrung nach gilt das auch für pflanzliche Mittel, obwohl es dazu noch keine Studien gibt.
  • Die Leber-Entgiftung unterstützen: PHGG bindet Gallensäuren und hilft, fettlösliche Toxine und Hormone über den Stuhl auszuscheiden.
  • Den Weg zurück zu komplexeren Ballaststoffen ebnen: Der Übergang von einer strengen Low-FODMAP-Diät zurück zu ballaststoffreichen Lebensmitteln gelingt oft leichter mit PHGG oder Akazienfasern als Zwischenstufe.

Wenn Du ballaststoffreiche Lebensmittel gut verträgst – auch mit einer SIBO- oder Reizdarm-Diagnose – dann gibt es keinen Grund, sie zu meiden. Nur weil sie auf einer SIBO-Liste stehen, heißt das nicht, dass sie für Dich als Individuum langfristig problematisch sind.

Am besten besprichst Du Ernährungsumstellungen und Supplementierungen bei SIBO und anderen Darmerkrankungen immer mit einer qualifizierten Fachperson, die Dich durch die manchmal notwendige Phase der Einschränkung zurück in Richtung Vielfalt und Freude am Essen begleitet.


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Darmdysbiose – Zurück ins Gleichgewicht mit wissenschaftlich fundierten Strategien

Alle an Deck!

Das empfindliche Gleichgewicht des Darmmikrobioms – eine Gemeinschaft aus Bakterien, Pilzen, Archaeen und Protozoen – hängt von Faktoren wie dem pH-Wert und der Nährstoffverfügbarkeit ab. In diesem Artikel wirst Du etwas darüber lernen, wie der Stoffwechsel der Darmepithelzellen dazu beitragen kann, eine Dysbiose zu bekämpfen und das Gleichgewicht im Darm wiederherzustellen. (Über die Rolle von Sauerstoff bei der Entstehung einer Dysbiose sind wir im vorigen Blogbeitrag bereits eingegangen.)

Hinweis: Wie immer sind die Informationen in unserem Artikel von uns selbst recherchiert und geschrieben – ohne Beteiligung von ChatGPT und Konsorten. Viel Spaß beim Lesen!

Die wichtigsten Erkenntnisse vorab

  • Elektronenakzeptoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Korrektur einer Dysbiose.
  • Lebensstilfaktoren wie Bewegung, Rauchen, Alkoholkonsum, Medikamente und Schlaf sind wichtige Modulatoren des Mikrobioms.
  • Eine ausgewogene Ernährung, die Proteine und Kohlenhydrate kombiniert, kann die nützlichen Bakterien (obligate Anaerobier) unterstützen und gleichzeitig potenzielle Pathogene (fakultative Anaerobier) zurückdrängen.
  • Lebensmittel mit sekundären Pflanzenmitteln, die schrittweise Steigerung der Ballaststoffaufnahme, die Optimierung der Mikronährstoffaufnahme und das Vermeiden von Lebensmittelzusatzstoffen sind bei der Bekämpfung einer Dysbiose wichtig.
  • Die Supplementierung mit einem langsam und gezielt freisetzenden Butyrat-Produkt wie Tributyrin unterstützt, das Überwachsen von Enterobakterien wie E. coli zu bekämpfen.
  • Butyrat kann mit Präparaten kombiniert werden, die dessen Aufnahme fördern, wie L. acidophilus oder Vitamin B3.
  • Eine Ergänzung mit kolonzielgerichtetem Vitamin B2 kann die Stabilität des Mikrobioms verbessern.

Anzeichen und Symptome einer Dysbiose

Schauen wir zuerst darauf, wie sich eine Dysbiose äußert. Eine Darmdysbiose geht oft mit einer Vielzahl körperlicher und geistiger Gesundheitsprobleme einher. Die folgenden Symptome können dabei häufig auftreten:

  • Chronische Müdigkeit
  • Konzentrationsstörungen („Brain Fog“)
  • Depressionen und Angstzustände
  • Verdauungsprobleme
  • Niedriggradige Entzündungen
  • Gewichtszunahme
  • Lebensmittelunverträglichkeiten, Blähungen und Völlegefühl
  • Hautprobleme: Psoriasis, Akne und Hautausschläge

Die traditionelle Definition der Darmdysbiose ist grob durch drei Phasen gekennzeichnet:

  • Abnahme von (uns) nützlichen Bakterien
  • Zunahme von proinflammatorischen und pathogenen Bakterien
  • Abnahme der mikrobiellen Vielfalt

Eine Untersuchung mit Mikrobiomtests und eine genauere Beobachtung der Symptome kann ein wichtiger Baustein für die Behandlung der Dysbiose sein und wertvolle Einblicke in Deine Darmgesundheit bieten.

Das „Kernmikrobiom“: Fakt oder Fiktion?

Wissenschaftler hofften einst, ein universelles „Kernmikrobiom“ zu identifizieren – eine ideale bakterielle Zusammensetzung, die die meisten Menschen teilen. Leider wurde ein solches Kernmikrobiom nicht gefunden. Stattdessen lernen wir aus den Forschungsergebnissen, dass funktionelle Eigenschaften – wie die Fähigkeit, nützliche Verbindungen wie Butyrat zu produzieren – möglicherweise ein „Kernmikrobiom“ auf funktionaler Ebene definieren, statt auf der Ebene der Zusammensetzung der Bakterien.

Dieser Paradigmenwechsel stellt die traditionelle Sichtweise auf eine Dysbiose als reine Zusammensetzungsstörung infrage. Daher wird die Dysbiose mittlerweile als funktionelles und ökologisches Problem betrachtet.

Verbindung traditioneller und moderner Perspektiven

Die meisten modernen Mikrobiomtests liefern Daten zur mikrobiellen Vielfalt und zur Häufigkeit der verschiedenen Bakterienarten. Aus den uns aktuell vorliegenden Daten können wir ableiten, dass das Darmmikrobiom größtenteils aus strikt anaeroben (sauerstoffintoleranten) Bakterien besteht, den sogenannten obligaten Anaerobiern (wie F. prausnitzii).

Der kleinere Teil des Mikrobioms besteht aus sogenannten fakultativen Anaerobiern (wie E. coli). Diese Bakterien können sowohl in einem sauerstoffarmen als auch in einem sauerstoffreichen Milieu überleben (genaueres dazu in unserem vorigen Blogpost).

E. Coli und Dysbiose

” Der Traum einer jeden Zelle ist es, zwei Zellen zu werden. “

Francois Jacob

Das empfindliche Gleichgewicht zwischen obligaten und fakultativen Anaerobiern wird durch die Verfügbarkeit von Substraten und Elektronenakzeptoren gesteuert. Einige Elektronenakzeptoren wie Sauerstoff sind sehr effektiv, um fakultativen anaeroben Bakterien zu helfen, Energie zu produzieren. Daher wachsen Bakterien wie Klebsiella aerogenes in Gegenwart von Sauerstoff oder Nitrat wesentlich besser als in Umgebungen ohne diese Stoffe.

Bei Darmentzündungen steigen die Sauerstoff- und Nitratspiegel an, was das Wachstum von fakultativen Anaerobiern – die potenziell schädlich sein können – begünstigt.

Erkunden wir nun die derzeit erforschten Strategien, mit denen Du eine elektronakzeptorbedingte Dysbiose umkehren kannst!

Erste Strategie zur Umkehrung einer Dysbiose: Lebensstiländerungen

Die Dysbiose des Darmmikrobioms ist oft multifaktoriell bedingt; und die Faktoren mit dem größten Einfluss auf die Zusammensetzung des Mikrobioms können von Person zu Person unterschiedlich sein. Daher ist es von größter Bedeutung, diese Faktoren durch eine gründliche Anamnese zu ermitteln. Nur so kann ein logisch strukturierter und personalisierter Ansatz zur Korrektur der Dysbiose entwickelt werden.

Nachfolgend findest Du eine Liste an Lebensstilfaktoren mit potenziell großem Einfluss auf eine Dysbiose:1

  • Bewegung: Moderate Bewegung wirkt sich positiv auf das Darmmikrobiom und die Butyratproduktion aus.
  • Rauchen: Das Aufhören mit dem Rauchen kann eine Darmdysbiose verbessern.
  • Alkohol: Übermäßiger Alkoholkonsum erhöht die Häufigkeit fakultativer (potenziell schädlicher) Anaerobier.
  • Medikamente: Übermäßiger Gebrauch von Antazida (Arzneimittel zur Neutralisierung der Magensäure), Antibiotika, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Statinen (Cholesterinsenker bzw. Lipidsenker) und Antidepressiva wirkt sich negativ auf die Vielfalt des Darmmikrobioms aus.
  • Schlaf: Ein Mangel an Schlaf beeinträchtigt das Mikrobiom negativ.
Lebensstiländerungen bei der Darmdysbiose

Ernährungsstrategien bei einer Dysbiose

  • Ausgewogene Ernährung

    Diäten und die Rolle der Sauerstoffempfindlichkeit

    In einer 2017 durchgeführten Studie untersuchten Forscher die mikrobiellen Reaktionen auf unterschiedliche Sauerstoffkonzentrationen sowie auf die Kombination aus Sauerstoffkonzentrationen und drei Diättypen: Protein, Kohlenhydrate und eine Kombination aus beiden. Die Konzentrationen von kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs) wurden ebenfalls angepasst.2

    Zentrale Ergebnisse:

    • Bei hohen Sauerstoffwerten überwucherte E. coli die obligaten Anaerobier, was den bei einer Dysbiose beobachteten Mustern entspricht. Dies deckt sich auch mit Daten von Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED).
    • Proteinreiche Diäten förderten eine Dysbiose, indem sie das Wachstum von E. coli unter anaeroben Bedingungen begünstigten.
    • Kohlenhydratreiche Diäten erhöhten die Gesamtbiomasse; sie waren jedoch weniger effektiv gegen die sauerstoffinduzierte Dysbiose.
    • Mischdiäten aus Proteinen und Kohlenhydraten führten zu höheren F. prausnitzii-Werten (obligat) und begrenzten das Wachstum von E. coli (fakultativ).

    Praktische Empfehlung:

    Eine Diät, die sowohl Proteine als auch Kohlenhydrate kombiniert, kann am besten vor sauerstoffinduzierter Dysbiose schützen. (Mehr zur Bedeutung von Sauerstoff bei einer Dysbiose in unserem vorigen Blogbeitrag.)

    Weiterer Hinweis: Proteinreiche Diäten können die Aktivität bestimmter bakterieller Enzyme erhöhen. Diese Enzyme produzieren toxische Metaboliten, die entzündliche Reaktionen auslösen. Auch deswegen sollte die Aufnahme von Proteinen bei einer Dysbiose begrenzt werden.

  • Allgemeine Ernährungsempfehlungen

    Lebensmittel reich an sekundären Pflanzenstoffen

    • Eine Erhöhung des Verzehrs von dunklen Beeren wie Brombeeren, Heidelbeeren oder Cassis kann helfen, eine Dysbiose zu bekämpfen.
    • Sekundäre Pflanzenstoffe fördern die bakterielle Vielfalt und erhöhen speziell die Häufigkeit von Akkermansia spp. (obligat), die für die Barrierefunktion des Darms wichtig sind, während proinflammatorische Arten von Ruminococcus spp. reduziert werden.4

    Optimierung der Mikronährstoffaufnahme

    • Eine ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen und Spurenelementen kann helfen, eine Dysbiose zu korrigieren oder zu verhindern.
    • Neben den offensichtlichen positiven Effekten von Vitamin D auf das Mikrobiom des Darms bedarf es jedoch weiterer Forschung zu anderen Mikronährstoffen und Spurenelementen.4

    Ballaststoffzufuhr – schrittweise erhöhen

    • Ballaststoffe sind der wahrscheinlich wichtigste Modulator des Mikrobioms. Ihr Ausschluss während der Erholungsphase nach einer antibiotikabedingten Dysbiose verlangsamt die Wiederherstellung des Mikrobioms und beeinträchtigt die Metabolitproduktion aus anderen diätetischen Komponenten wie Aminosäuren.5
    • Eine ballaststoffreiche Ernährung verbessert die mikrobielle Vielfalt, erhöht die Resilienz und kann langfristig helfen, eine Dysbiose zu beheben.4
    • Ein niedriger Ballaststoffkonsum kann den Verbrauch mikrobiell produzierter B-Vitamine erhöhen und sich negativ auf das Immunsystem auswirken.
    • Der Ballaststoff Inulin hat sich als wirksam erwiesen, um die Verfügbarkeit von B-Vitaminen wiederherzustellen und die lokale angeborene und adaptive Immunfunktion zu regulieren.6

    Hinweis: Die Ballaststoffaufnahme sollte schrittweise erhöht werden, da sie anfänglich unerwünschte Nebenwirkungen wie Blähungen und verstärkte Gasbildung verursachen kann. Einen Vergleich unterschiedlicher Ballaststoffe findest Du in diesem Blogartikel.

    Vermeidung von Zusatzstoffen und verarbeiteten Lebensmitteln

    • Es gibt zunehmende Hinweise darauf, dass bestimmte kalorienfreie Süßstoffe, Emulgatoren und antimikrobielle Konservierungsstoffe ein dysbiotisches Darmmikrobiom fördern können.1

    Empfehlung: Eine Ernährung, die auf unverarbeiteten Lebensmitteln basiert und weitgehend auf diese Zusatzstoffe verzichtet, wird dringend empfohlen.

  • Einschränkung bestimmter Aminosäuren

    Pathogenes Wachstum gezielt eindämmen

    Bestimmte Aminosäuren wie L-Serin können pathogenen Bakterien während entzündlicher Phasen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Studien an Mäusen haben gezeigt, dass eine Reduktion der diätetischen L-Serin-Zufuhr das Wachstum fakultativer Anaerobier einschränkt.3

    Mechanismen:

    • Pathogene E. coli nutzen während Entzündungen bevorzugt L-Serin, während kommensale (ernähren sich von den Nahrungsrückständen eines Wirtsorganismus) Stämme dies nicht tun.
    • Die Einschränkung von L-Serin reduziert das Überwachstum bestimmter fakultativer Anaerobier sowohl in einfachen als auch in komplexeren mikrobiellen Ökosystemen. Dies wurde insbesondere bei Mäusen beobachtet, die mit dem Mikrobiom von Patienten mit Morbus Crohn kolonisiert waren.

    Praktische Empfehlungen:

    • L-Serin kommt in Lebensmitteln wie Sojabohnen, Nüssen, Eiern, Linsen und Fisch vor. Eine vorübergehende Vermeidung dieser Nahrungsmittel kann helfen, das Wachstum von Enterobacteriaceae einzudämmen.
    • Da L-Serin und L-Glycin ineinander umgewandelt werden können, sollte die Reduktion beider Aminosäuren angestrebt werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
    • Angesichts der Bedeutung von L-Serin für den menschlichen Stoffwechsel (z.B. T-Zell-Funktion und Glutathionproduktion) sollte eine Einschränkung nur kurzfristig und unter Aufsicht eines medizinischen Fachpersonals erfolgen.

Nahrungsergänzungen

  • Postbiotika: Butyrat und Tributyrin

    Obwohl Butyrat und seine Vorläuferverbindung Tributyrin in der strengen neuen Definition nicht als Postbiotika gelten, werden sie seit Jahren unter diesem Begriff geführt. Die kurzkettige Fettsäure Butyrat ist ein gut untersuchtes Stoffwechselprodukt des Darmmikrobioms und entsteht durch Fermentation von Ballaststoffen (Kohlenhydraten) und Proteinen. Tributyrin ist ein Ester, der aus einem Glycerinrückgrat mit drei daran gebundenen Butyratmolekülen besteht.

    Funktionen:

    • Sauerstoff und Nitrat gehören zu den häufigsten Elektronenakzeptoren in einem dysbiotischen und entzündeten Darm. Indem Butyrat den Energiestoffwechsel in Kolonozyten auf die Beta-Oxidation lenkt, fördert es eine hypoxische Darmumgebung und reduziert die Verfügbarkeit von Elektronenakzeptoren im Darmlumen.7,8
    • Butyrat wird auch in Epithelzellen des Dünndarms oxidiert und unterstützt so eine gesunde Darmbarriere.9,10
    • Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die pH-senkende Wirkung von kurzkettigen Fettsäuren wie Butyrat im Darmlumen das Wachstum von Enterobacteriaceae im dysbiotischen Darm kontrollieren kann.11

    Vielversprechende Ergebnisse:

    • Erste Studien zur Supplementierung mit Butyrat beim Menschen zeigen vielversprechende Ergebnisse. Bei CED-Patienten führte die tägliche Einnahme von 1.800 mg mikroverkapseltem Butyrat zu einer positiven Verschiebung des Darmökosystems durch die Förderung von Butyrat-produzierenden Bakterien.12
    • Eine Verringerung pathogener Enterobacteriaceae wurde auch bei der Tributyrin-Supplementierung in Tiermodellen beobachtet.13
  • Vitamine B2 und B3

    Bekannt ist, dass Vitamin D maßgeblich Einfluss auf unser Immunsystem nimmt. Es wird auch in Verbindung mit chronisch-entzündlichen Magendarmerkrankungen in Verbindung gebracht. Es gibt allerdings weitere gerade für die Dysbiose interessante Vitamine.

    Vitamin B2 (Riboflavin):

    • Die auf den Dickdarm ausgerichtete Verabreichung von Vitamin B2 hat gezeigt, dass sie die Häufigkeit von Proteobakterien reduziert und die Stabilität des Mikrobioms beim Menschen verbessert.
    • Daten zeigen auch, dass Vitamin B2 die Artenvielfalt im Darm erhöht.14 Dies macht es zu einem neuartigen „Präbiotikum“- und Kandidaten zur Bekämpfung einer Dysbiose. Weitere Forschung in dysbiotischen Populationen ist jedoch erforderlich.

    Vitamin B3 (Nikotinsäure):

    • Vitamin B3, auch Nikotinsäure genannt, hat das Potenzial, sowohl den Wirt als auch das Mikrobiom zu beeinflussen, und steigert die Aktivität von MCT-1, dem Haupttransportprotein für Butyrat.15
    • Aufgrund der Aufnahme im Dünndarm sind hohe Dosen erforderlich, um den distalen Darm zu beeinflussen, was jedoch Nebenwirkungen wie Hautrötungen hervorrufen kann.
  • Eisen als Modulator

    Zu Eisen fehlen wissenschaftliche Erkenntnisse, um eine zuverlässige Empfehlung abzugeben. Ein Eisenüberschuss wurde mit schlechteren Gesundheitswerten und einer dysbiotischen Mikrobiom-Zusammensetzung in Verbindung gebracht.

    Elementares Eisen

    Wirkt als Sauerstofffänger und unterstützt anaerobe Bakterien, indem es oxidativen Stress reduziert.

    Forschungsergebnisse:

    • Eine in-vivo-Studie zeigte, dass elementares Eisen bei Mäusen einen Schutz gegen lokalisierten oxidativen Stress im Gastrointestinaltrakt bietet, indem es Sauerstoff bindet.16
    • Eine in-vitro-Fortsetzung mit menschlichen Stuhlproben zeigte, dass Sauerstoff die Aktivität krankheitsassoziierter zytotoxischer Gene fördert. Elementares Eisen erleichterte hingegen das Überleben nützlicher anaerober Bakterien und hemmte die Ausbreitung fakultativer Anaerobier.17
    • Bei zwei von drei Stuhlspendern konnte elementares Eisen die mikrobielle Alpha-Diversität (ein Maß für die Bakterienvielfalt) teilweise wiederherstellen, bei einem vollständig.

    Weitere Forschung ist erforderlich, um die Wirkung von elementarem Eisen auf gesunde und dysbiotische Menschen zu untersuchen.

      Chelatiertes Eisen

      Reduziert die Sauerstoffverfügbarkeit im Darmlumen, wodurch Entzündungen und Dysbiose in Autoimmunmodellen gemildert werden.

      Forschungsergebnisse:

      • Eine orale Eisenchelat-Therapie konnte eine Dysbiose durch die Reduzierung überschüssigen Sauerstoffs im Darmlumen lindern.18

    Schlussfolgerung

    Die Dysbiose des Kolonmikrobioms ist mit einer Vielzahl von Krankheiten verbunden. Die Frage nach Ursache und Wirkung ist weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Es besteht jedoch wenig Zweifel daran, dass ein dysbiotischer Darm eine sich selbst verstärkende Bedingung darstellt, die schnell zu einem Teufelskreis aus Darmentzündungen und weiteren mikrobiellen Ungleichgewichten führt.

    In diesem Artikel haben wir einige der spannendsten diätetischen und ergänzungsbasierten Maßnahmen beschrieben, um eine Dysbiose, die durch die Expansion fakultativer Anaerobier gekennzeichnet ist, zu bekämpfen. Wenn Du von einer Dysbiose betroffen bist, liefert Dir die Summe dieser Ansätze die Chance, die Dysbiose erfolgreich zu bekämpfen.


    Referenzen (Englisch)

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    Weiterlesen

    Glutensensitivität und Weizenallergie – nur noch Sauerteig?

    Nachdem wir in unserem letzten Blogbeitrag auf die Bedeutung der Verdauungsenzyme eingegangen sind, widmen wir uns in diesem Beitrag einem weiteren wichtigen Thema zur Verdauung bei funktionellen Darmerkrankungen.

    Glutensensitivität, die nach dem Verzehr des Eiweißes Gluten Verdauungssymptome auslöst und nicht durch Zöliakie ausgelöst wird, betrifft rund 15% der Gesamtbevölkerung. Die Störung wurde erstmals 1980 beschrieben und hat dank neuer Forschungsergebnisse in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung gewonnen. In diesem Blogbeitrag lernst Du die Hintergründe der Störung, was der Stand der Wissenschaft zu einer möglichen Behandlung gerade sagt, und praktische Tipps für Deinem Alltag.

    Hinweis: Wie immer sind die Informationen in unserem Artikel von uns selbst recherchiert und geschrieben – ohne Beteiligung von ChatGPT und Konsorten. Viel Spaß beim Lesen!

    Wichtigste Erkenntnisse vorab

    • Die Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NCGS) kann durch FODMAPs und Proteine in Getreide ausgelöst werden.
    • Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) sind die prominentesten Auslöser von NCGS und starke Aktivatoren des angeborenen Immunsystems.
    • Glutenfreies Getreide, Sauerteig und alte Weizensorten wie Einkorn weisen derzeit das größte Potential auf, die Menge an ATIs in der Ernährung zu reduzieren oder abzubauen.
    • Der Zuckeralkohol Mannitol (ein FODMAP) kann durch Sauerteiggärung begünstigt werden.
    • ATI-abbauende Probiotika könnten eine zukünftige Therapieoption für Betroffene von NCGS sein.

    Zöliakie, Weizenallergie und Glutensensitivität – gibt es einen Unterschied?

    Glutensensitivität oder genauer gesagt die Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NCGS) ist, wie ihr Name andeutet, getrennt von Zöliakie zu betrachten. Zöliakie ist durch eine Schädigung der Dünndarmzellen, spezifische Antikörper gegen das eigene Gewebe und häufig begleitende genetische Veranlagung gekennzeichnet. NCGS sollte auch getrennt von der Weizenallergie betrachtet werden, bei der es sich um eine unerwünschte immunologische Reaktion auf das Weizenprotein Gluten handelt.

    NCGS lässt sich somit am besten als Zustand beschreiben, der durch intestinale und extraintestinale Symptome im Zusammenhang mit dem Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln bei Personen gekennzeichnet ist, die weder von Zöliakie noch von einer Weizenallergie betroffen sind.

    Klinische Symptome von NCGS und Auslöser der Symptome

    Nach dem Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln zeigen Personen mit NCGS klassischerweise Reizdarm-ähnliche Symptome wie Blähungen, Störungen der Stuhlgewohnheiten (Durchfall oder Verstopfung), Bauchschmerzen oder extraintestinale Symptome wie Gehirnnebel, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Hautausschläge, Depressionen oder/und Anämie. Das häufigste extraintestinale Symptom scheint dabei Müdigkeit zu sein. Die Symptome treten in der Regel innerhalb von Stunden nach dem Konsum glutenhaltiger Nahrungsmittel auf1.

    Viele glutenhaltige Lebensmittel enthalten einen hohen Anteil an FODMAPs (schnell fermentierbare Kohlenhydrate und Zuckeralkohole) und sogenannten Amylase- und Trypsin-Inhibitoren. Diese Proteine werden neben Gluten als Auslöser bei NCGS vermutet2.

    Wie kannst Du NCGS diagnostizieren (lassen)?

    Um NCGS zu diagnostizieren, werden zuerst Zöliakie und eine Weizenallergie durch Blutuntersuchung und/oder Biopsie ausgeschlossen. Danach kann die Diagnose NCGS anhand eines Rückgangs der Symptome nach einer glutenfreien Diät (über 4-6 Wochen) und des Wiederauftretens der Symptome nach einer glutenhaltigen Ernährung (über 1-3 Wochen) gestellt werden.

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    Vor Beginn der glutenfreien Diät sollten bis zu drei Hauptsymptome mit einem Schweregrad zwischen 1 und 10 notiert werden. Ein erstes Anzeichen für NCGS ist die Verringerung der drei Hauptsymptome um mindestens 30%, gemessen durch Aufzeichnung des Symptomschweregrads einmal pro Woche3. Danach sollte eine Glutenprobe durchgeführt werden: Die betroffene Person verzehrt dabei zwei identisch aussehende Lebensmittel, wobei eines Gluten enthält während das andere ohne Gluten als Placebo fungiert. Beide Lebensmittel werden mindestens eine Woche lang verzehrt, gefolgt von einer glutenfreien Woche. Ein erneutes Auftreten der Symptome in der glutenfreien Woche bestätigt dann die Diagnose NCGS3.

    Für Einzelheiten zu dieser Glutenprobe verweisen wir auf Studie #3 in unseren Referenzen.

    Diagnose NCGS – welche Behandlung?

    Die meisten Ärzte empfehlen Patienten, die an NCGS leiden, eine glutenfreie Diät. Zwei Schwierigkeiten stehen mit dieser Behandlung allerdings in Verbindung: Durch die glutenfreie Diät nehmen die Patienten jedoch auch eine geringere Vielfalt an Lebensmitteln zu sich. Zudem kaufen sie teurere glutenfreie Produkte, die oft nicht den gleichen Nährwert oder die gleiche sensorische Qualität aufweisen wie einige der glutenhaltigen Lebensmittel.

    Eine glutenfreie Diät allein wird in den meisten Fällen allerdings nicht ausreichen. Ein ganzheitlicher Ansatz zur Behandlung von NCGS schließt auch das Testen und die Umkehrung jeglicher Anzeichen einer Darmdysbiose, von Leaky Gut und einer Darmentzündung ein. (Lies’ in diesem Beitrag, was Leaky Gut genau ist und wie es behandelt werden kann).

    Amylase an der Reifung von Bananen beteiligt

    Bild 1: Amylasen sind am Reifungsprozess von Früchten beteiligt. 

    Glutensensitivität und die Rolle von ATI-Proteinen

    In jüngerer Zeit wurden zwei spezifische Fraktionen von Weizenproteinen mit NCGS in Verbindung gebracht: Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) und Weizenkeim-Agglutinin (WGA)2. Wir haben ATIs bereits kurz erwähnt und werden uns nun mehr diesen Weizenproteinen widmen.

    ATIs sind ein Teil des natürlichen Abwehrmechanismus von Pflanzen. Sie kommen in verschiedenen Formen und in unterschiedlichen Mengen in Weizensorten vor. ATIs verfügen über ein unterschiedliches Potenzial, Immunreaktionen zu aktivieren, Enzyme zu hemmen und letztlich Darmentzündungen zu verursachen1.

    Als Enzyminhibitoren hemmen ATIs die Proteine Alpha-Amylase (wichtig für den Stärkeabbau) und Trypsin (wichtig für den Proteinabbau)2. Dadurch können sowohl Stärke als auch Proteine unverdaut in die unteren Teile des Dünn- und Dickdarms gelangen, wo sie von den dort ansässigen Bakterien fermentiert werden. Dieser Fermentationsprozess kann sowohl eine Dysbiose (SIBO und/oder Kolon-Dysbiose) als auch Reizdarm-ähnliche Symptome verursachen. (Leidest Du unter SIBO? Beachte den Zusammenhang von SIBO und Magensäure!)

    Wie hängen ATIs, Gluten und Zöliakie zusammen?

    Sowohl Studien an NCGS-Patienten als auch Tierstudien deuten darauf hin, dass ATIs aus Weizen ein starker Auslöser von Entzündungen sind, indem sie sowohl adaptive als auch angeborene Immunreaktionen aktivieren4-6. Obwohl im Zusammenhang mit Weizen oftmals nur Gluten als Auslöser von Symptomen im Fokus steht, deutet eine neuere Studie an Mäusen darauf hin, dass die gleichzeitige Aufnahme von ATIs und Gluten Zöliakie auslösen könnte7. Einer anderen Studie zufolge könnten ATIs sogar an der Entwicklung von Atemwegsallergien beteiligt sein6.

    Professor Detlef Schuppan und Kollegen von der Universität Mainz konnten die negative Wirkung von ATIs auf den Darm und auch auf das Gehirn (Darm-Hirn-Achse) in einem Tiermodell für Multiple Sklerose (MS) nachweisen. Die Forscher verabreichten Mäusen eine Diät ohne Gluten aber mit ATIs, und zwar in einer Menge, die dem entspricht, was wir Menschen an einem Tag zu uns nehmen (natürlich unter Berücksichtigung des nicht unbeträchtlichen Unterschieds des Körpergewichts zwischen Mäusen und Menschen). Die Forscher verglichen ihre Ergebnisse dann mit Ergebnissen basierend auf unterschiedlichen Mengen an Gluten und ATIs in Kombination sowie mit einer komplett ATI-freien Diät. Dabei konnten sie ATIs als die wichtigste entzündungsfördernde Komponente dieser Diäten ausmachen.

    Die ATIs lösten durch Aktivierung des angeborenen Immunsystems eine entzündliche Immunreaktion im Darm und im zentralen Nervensystem aus. Dies führte auch zu einem Anstieg der klinischen MS-Werte.

    Die Forscher mussten nun nur noch die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf den Menschen überprüfen. Dafür testeten sie die Wirkung von ATIs und Lipopolysaccharid (LPS: der Hauptzellwandbestandteil bestimmter Bakterien und Hauptaktivator der angeborenen Immunreaktion) auf die Aktivierung des angeborenen Immunsystems in weißen Blutzellen sowohl von gesunden Personen als auch von MS-Patienten. Interessanterweise konnten ATIs sowohl in den Zellen von Gesunden als auch in denen von MS-Patienten eine pro-inflammatorische Reaktion ähnlich der von LPS auslösen8. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass ATIs Autoimmunkrankheiten bei genetisch veranlagten Personen verschlimmern, wenn nicht sogar auslösen können.

    Im Einklang mit dieser Hypothese stellte eine italienische Forschergruppe eine erhöhte Prävalenz von Autoimmunerkrankungen bei Patienten mit NCGS im Vergleich zu gesunden Personen fest. Die häufigste Autoimmunerkrankung unter NCGS-Patienten war dabei Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis)9.

    Nahrungsmittel Amylase-Tripsin Inhibitoren(immunologische Bioaktivität) Gluten(adaptive immunologische Reaktion)
    Weizen, Gerste, Kamut, Dinkel, Emmer hoch (100%) ja
    Soja, Buchweizen, Hirse, Tef, Einkorn mittel (<20%) nein(mit Ausnahme von Einkorn)
    Linsen, Quinoa, Hafer niedrig (<10%) nein(besonders Hafer nicht)
    Amaranth, Reis, Mais, Kartoffeln sehr gering (<2%) nein

    Tabelle 1: Amylase-Trypsin-Inhibitoren in unverarbeiteten Pflanzenarten. Aus: Smollich & Vogelreuter (2018), modifiziert nach Zevallos et al. 2017.

    Unsere Darmbarriere – Hauptakteur für die Aktivierung des angeborenen Immunsystems?

    Wie bei anderen funktionellen Darmerkrankungen wird auch bei der Entstehung von NCGS eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms (Leaky Gut) vermutet4.

    Wie so häufig stoßen wir hier auf das Henne-Ei-Problem: Eine bereits vorhandene Darmdysbiose schädigt auch die Darmbarriere. Bei einer geschädigten Darmbarriere können ATIs das Darmepithel leicht überwinden und das angeborene Immunsystem aktivieren, wie in der Studie von Prof. Schuppan und Kollegen gezeigt. Die am Anfang dieser Kaskade stehende Darmdysbiose könnte durch einen Mangel an Butyrat-produzierenden Bakterien und das Eindringen von Sauerstoff in das Darmlumen bedingt sein10. (Wusstest Du, dass Du durch die Einnahme von PHGG die Butyrat-Produktion Deiner Bakterien ankurbeln kannst? Mehr dazu hier.)

    Umgekehrt gibt es auch Belege dafür, dass ATIs ohne eine bereits gestörte Darmbarriere Darmentzündungen auslösen können11.

    Daher sind sowohl die Verringerung der Aufnahme von ATIs als auch die Unterstützung einer gesunden Darmbarriere logische Strategien zur Behandlung von NCGS und den damit verbundenen Symptomen.

    “Moment mal – muss ich ganz auf Weizenbrot verzichten?”

    Viele Forschungsergebnisse bestätigen die negativen Auswirkungen bestimmter Arten von ATIs auf unsere Gesundheit. Glücklicherweise deuten einige Untersuchungen darauf hin, dass ATI-Proteine zumindest teilweise durch Hitze abgebaut werden. Andererseits können hitzebedingte Veränderungen der Proteinstruktur von Lebensmitteln allergische Teile dieser Proteine freilegen und zu stärkeren Immunreaktionen führen1. Leider fehlt es derzeit noch an gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Auswirkungen von abgebauten ATIs auf unsere Gesundheit.

    Was bedeutet das nun für Deine geliebte Scheibe Weizenbrot? Keine Sorge! Es gibt ein paar Dinge, die Du tun kannst, wenn Du unter NCGS leidest und nicht verzichten möchtest.

    • 1. Die richtige Weizenart

      Ältere Weizensorten, insbesondere Einkorn (Triticum monococcum), weisen nachweislich geringere ATI-Konzentrationen und/oder Bioaktivität auf als die meisten anderen Weizensorten11, 12. Zudem kann das gründliche Ausbacken des Brotes dazu beitragen, dass einige der verbleibenden ATIs in diesen speziellen Weizensorten abgebaut werden.

    • 2. Sauerteigbrot

      Eine weitere Möglichkeit, die Menge der ATIs und/oder ihre Bioaktivität zu verringern, ist die Fermentation, wie sie auch beim Sauerteig stattfindet. Untersuchungen haben gezeigt, dass bestimmte Milchsäurebakterien im Sauerteig Enzyme absondern, die ATIs abbauen13, 14. Außerdem werden die eiweißabbauenden Enzyme im Getreide selbst besser aktiviert, wenn der pH-Wert des Sauerteigs unter den Wert von 4 sinkt13, 15, 16. Dies verringert zusätzlich die Entzündungsaktivität von ATIs13.

    • 3. Probiotika

      Obwohl die Forschung bezüglich Probiotika noch in den Kinderschuhen steckt, hat eine erste Studie einige Stämme (Lactobacillus salivarius H32.1, Lactobacillus mucosae D5a1 und Lactobacillus rhamnosus LE3) aufgezeigt, die entzündlichen Wirkungen von ATIs verringern können17. Diese Ergebnisse müssen allerdings noch beim Menschen bestätigt werden. (Unser voriger Blogbeitrag Probiotika – nutzlos oder nützlich könnte Dich auch interessieren!)

    Die Kehrseite des Sauerteigs: Polyole

    Obwohl durch die Sauerteiggärung der Gehalt an den meisten FODMAPs, Weizenkeim-Agglutinin und ATIs stark reduziert werden kann, kann die Produktion des Zuckeralkohols Mannitol begünstigt werden18. Zusammen mit Sorbitol gehört Mannitol zur FODMAP-Gruppe der Polyole. Wenn Du nicht auf Mannitol, sondern auf andere FODMAPs reagierst, kannst Du höchstwahrscheinlich ohne große Probleme Sauerteigbrot in Deine Ernährung aufnehmen.

    Zusammenfassung

    Die Auswirkungen von ATIs auf den menschlichen Magen-Darm-Trakt sind noch nicht vollständig erforscht. Die verfügbare Literatur deutet jedoch auf einen negativen Einfluss auf die Integrität der Darmbarriere hin, wodurch Entzündungen des Darms und die damit verbundenen Symptome bei empfindlichen Personen ausgelöst werden. Eine glutenfreie Diät kann bei von NCGS betroffenen Personen zu einer Linderung der Symptome führen.

    Es lohnt sich mit Sicherheit, eine glutenfreie Diät oder eine andere der in diesem Artikel genannten Strategien auszuprobieren, wenn bei Dir NCGS diagnostiziert wurde.


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    Vitamin D und Darmgesundheit – Teil 2

    Im ersten Teil unserer Serie über Vitamin D und Darmgesundheit haben wir einige Grundlagen zu Vitamin D behandelt: wie es gebildet wird, warum es wichtig für unsere Gesundheit ist, und welche Krankheiten mit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel in Verbindung gebracht werden.

    Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit folgenden Fragen:

    • Wie beeinflusst Vitamin D unseren Darm und unser Mikrobiom?
    • Wie hängen Vitamin D und Darmerkrankungen zusammen?
    • Was kannst du tun, um eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung sicherzustellen?

    Die Hygienehypothese

    In den letzten zehn Jahren wurde der Hygienehypothese viel Aufmerksamkeit geschenkt. Sie besagt, dass unser Sauberkeitswahn (gewiss ist nicht jeder Einzelne von uns wahnsinnig sauber – gesellschaftlich gesehen sind wir es im Vergleich zu früher schon) sowie der mangelnde Kontakt mit Mikroorganismen (bzw. Erregern) in der frühen Kindheit zu einer unausgewogenen Darmflora führen können. Dies wiederum könnte zu abnormalen Immunreaktionen führen.

    Wie im ersten Blog-Beitrag erwähnt, hat der Mangel an Sonneneinstrahlung in den letzten Jahren ebenso viel Aufmerksamkeit erhalten und wird mit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel in Verbindung gebracht.1

    Vitamin-D-Rezeptor: wichtiges Bindeglied zur Darmgesundheit

    Durch die Bindung an einen speziellen Rezeptor, den Vitamin-D-Rezeptor (VDR), kann die aktive Form des Vitamin D seine Wirkung im gesamten Körper entfalten.1 Als Maß für seine Bedeutung kann angeführt werden, dass der VDR mehr als 1.000 Gene regulieren kann. Da Vitamin D für die Aufnahme von Kalzium wichtig ist, überrascht es nicht, dass die Gewebe, die mit der Kalziumhomöostase (Gleichgewicht) in Verbindung stehen, eine hohe Dichte an VDR aufweisen.2

    Der hohe VDR-Gehalt im Dünn- und Dickdarm ist jedoch nicht nur für die Kalziumaufnahme entscheidend, sondern trägt auch zur Modulation der Darmflora bei. Vitamin D und der Vitamin-D-Rezeptor stimulieren die Freisetzung von antimikrobiellen Substanzen, und tragen so zur Regulierung unserer Darmflora bei. Der VDR trägt zur Produktion der Proteine bei, die die Epithelzellen zusammenhalten; die wiederum dafür sorgen, dass unsere Darmbarriere gesund und stark bleibt.3 Eine intakte Darmbarriere ist besonders wichtig; denn nur das, was unser Körper benötigt, sollte diese Barriere passieren. Schädliche Bakterien und Giftstoffe sollten möglichst nicht in das Innere unseres Körpers gelangen (streng gesehen befinden sich Inhalte in unserem Magen- und Darmtrakt nicht in unserem Körper).

    Über den VDR scheint Vitamin D auch eine schützende Wirkung vor Darmkrebs zu haben, indem es Teile unserer DNA bindet und moduliert.4 Die Bedeutung des VDR lässt sich an Mäusen beobachten, die diesen Rezeptor nicht besitzen: diese Mäuse entwickeln schwere Entzündungen des Dickdarms. Das Gleiche gilt für Patienten mit Morbus Crohn, bei denen der VDR stark reduziert vorkommt.5

    Vitamin D: Fibel für das Immunsystem

    Über den VDR übt Vitamin D eine Reihe von entzündungshemmenden und antimikrobiellen sowie die Darmbarriere fördernden Wirkungen aus.1 Unser Immunsystem muss das Gleichgewicht zwischen Toleranz und Abwehr bewahren: tolerant gegenüber unseren eigenen Zellen, der Nahrung, die wir zu uns nehmen, und gegenüber Stoffen in unserer Umwelt (Pollen usw.); abwehrend gegenüber schädlichen Mikroorganismen, Toxinen und andere Bedrohungen. Vitamin D und der VDR helfen unserem Immunsystem, dieses empfindliche Gleichgewicht zu halten und schützen uns so vor Autoimmunkrankheiten und Infektionen.1

    Vitamin D, VDR und das Darmmikrobiom

    Vitamin D spielt für unsere Gesundheit also eine entscheidende Rolle. Durch seine Wirkung auf den Vitamin-D-Rezeptor reguliert es unser Immunsystem und wirkt antimikrobiell. Aber kann Vitamin D auch unsere Darmflora verändern?

    In mehreren Tierstudien6-8 wurde gezeigt, dass ein Mangel am VDR eine Darmdysbiose (Störung des Gleichgewichts des Mikrobioms) verursacht. Eine Studie offenbarte, dass das bakterielle Profil von Mäusen, denen der VDR fehlt, dem von Mäusen mit Darmkrebs ähnelt. Da der VDR das An- und Abschalten bestimmter Gene, die für das Tumorwachstum von Bedeutung sind, reguliert, kann seine Deaktivierung schädlich sein und eine Darmdysbiose resultieren. Die gezielte Beeinflussung dieser Wechselwirkung durch Niacin (Vitamin B3) oder Vitamin D könnte eine nützliche Strategie zur Krebsprävention sein, wie frühe Forschungsergebnisse zeigen.9, 10

    Belastbare Studien am Menschen fehlen jedoch entweder ganz oder haben nur geringe oder heterogene Auswirkungen des VDR auf die Darmmikrobiota gezeigt.11, 12 Tatsächlich veränderte sich die Vielfalt des Darmmikrobioms (eine hohe Vielfalt gilt als gesund) als Reaktion auf eine 8-wöchige Vitamin-D-Supplementierung bei einer kleinen Gruppe von Probanden nicht.13 Die Wirkung auf das Darmmikrobiom scheint jedoch gegenüber der Wirkung auf das VDR und dessen Wirkung auf die Regulierung der Immunität und die Gesundheit der Darmbarriere nachgeordnet zu sein.13, 14 

    Studienergebnisse zu Vitamin-D-Supplementierung und Darmgesundheit

    Bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist die Menge an VDR im Darm geringer als bei gesunden Menschen. Darüber hinaus wurde ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit einem höheren Risiko für die Entwicklung von CED in Verbindung gebracht.15, 16

    Das macht die Vitamin-D-Supplementierung für Risikogruppen zu einem interessanten Thema. Tiere mit Colitis zeigen Verbesserungen, wenn ihnen Vitamin D verabreicht wird.17  Obwohl die Wirkung beim Menschen noch umstritten ist, deuten Hinweise auf eine konsistente Verringerung der Rückfallrate bei CED-Patienten in 7 von 18 Studien.18

    Dennoch gibt es nur wenige qualitativ hochwertige Studien bei Menschen mit CED, und es ist nicht bekannt, ob der niedrige Vitamin-D-Spiegel bei CED-Patienten Teil der Ursache oder Symptom ist. Eine kürzlich durchgeführte Studie an Patienten mit Morbus Crohn legt Letzteres nahe.19

    Nicht raten – testen!

    Überlegst du gerade, ob du von einer Vitamin-D-Supplementierung profitieren kannst? Dann solltest du zunächst deinen Vitamin-D-Spiegel testen lassen. Da es keine spezifischen Vitamin-D-Zielwerte für CED-Patienten gibt, kann der als für gesund angenommene Bereich für die Allgemeinbevölkerung als Referenz dienen:

    Serum 25(OH)D

    Vitamin D
    Mangel

    Vitamin D
    Insuffizienz

    Normaler
    Vitamin D Level

    < 30 nmol/L
    oder 12 ng/ml

    <50 nmol/L
    oder 20 ng/ml

    50 – 125 nmol/L
    oder 20 – 50 ng/ml

    Quelle: RKI

    Zusammenfassung: Was kannst du gegen einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel tun?

    Vitamin D wird hauptsächlich in unserer Haut mit Hilfe von Sonnenlicht gebildet. Schon ein 10–20-minütiger Aufenthalt im Freien kann die Vitamin-D-Produktion ankurbeln.

    Darüber hinaus kann der Verzehr von fettem Fisch ein- bis zweimal pro Woche sowie von angereicherten Milchprodukten, Eiern und bestimmten Pilzen zur Vitamin-D-Aufnahme beitragen.

    Die Ernährung ist in der Regel nur für einen kleinen Teil der Vitamin-D-Zufuhr bzw. -Produktion verantwortlich, so dass in manchen Fällen eine Supplementierung erforderlich sein kann. Um einen Wert im Normalbereich zu erreichen, sollte eine tägliche Supplementierung von 400-800 IE/Tag oder 10-20 Mikrogramm ausreichend sein.20


    Referenzen (Englisch)

    Clark A, Mach N. Role of Vitamin D in the Hygiene Hypothesis: The Interplay between Vitamin D, Vitamin D Receptors, Gut Microbiota, and Immune Response. Front Immunol 2016;7:627.

    1. Wang Y, Zhu J, DeLuca HF. Where is the vitamin D receptor? Arch Biochem Biophys 2012;523:123-33.
    2. Zhang YG, Wu S, Sun J. Vitamin D, Vitamin D Receptor, and Tissue Barriers. Tissue Barriers 2013;1.
    3. Tapp HS, Commane DM, Bradburn DM, et al. Nutritional factors and gender influence age-related DNA methylation in the human rectal mucosa. Aging Cell 2013;12:148-55.
    4. Liu W, Chen Y, Golan MA, et al. Intestinal epithelial vitamin D receptor signaling inhibits experimental colitis. J Clin Invest 2013;123:3983-96.
    5. Wu S, Liao AP, Xia Y, et al. Vitamin D receptor negatively regulates bacterial-stimulated NF-kappaB activity in intestine. Am J Pathol 2010;177:686-97.
    6. Chen J, Waddell A, Lin YD, et al. Dysbiosis caused by vitamin D receptor deficiency confers colonization resistance to Citrobacter rodentium through modulation of innate lymphoid cells. Mucosal Immunol 2015;8:618-26.
    7. Jin D, Wu S, Zhang YG, et al. Lack of Vitamin D Receptor Causes Dysbiosis and Changes the Functions of the Murine Intestinal Microbiome. Clin Ther 2015;37:996-1009 e7.
    8. Zhang YG, Lu R, Wu S, et al. Vitamin D Receptor Protects Against Dysbiosis and Tumorigenesis via the JAK/STAT Pathway in Intestine. Cell Mol Gastroenterol Hepatol 2020;10:729-746.
    9. Wang W, Hu Y, Yang C, et al. Decreased NAD Activates STAT3 and Integrin Pathways to Drive Epithelial-Mesenchymal Transition. Mol Cell Proteomics 2018;17:2005-2017.
    10. Waterhouse M, Hope B, Krause L, et al. Vitamin D and the gut microbiome: a systematic review of in vivo studies. Eur J Nutr 2019;58:2895-2910.
    11. Bellerba F, Muzio V, Gnagnarella P, et al. The Association between Vitamin D and Gut Microbiota: A Systematic Review of Human Studies. Nutrients 2021;13.
    12. Shieh A, Lee SM, Lagishetty V, et al. Pilot Trial of Vitamin D3 and Calcifediol in Healthy Vitamin D Deficient Adults: Does It Change the Fecal Microbiome? J Clin Endocrinol Metab 2021;106:3464-3476.
    13. Fletcher J, Cooper SC, Ghosh S, et al. The Role of Vitamin D in Inflammatory Bowel Disease: Mechanism to Management. Nutrients 2019;11.
    14. Del Pinto R, Pietropaoli D, Chandar AK, et al. Association Between Inflammatory Bowel Disease and Vitamin D Deficiency: A Systematic Review and Meta-analysis. Inflamm Bowel Dis 2015;21:2708-17.
    15. Gubatan J, Chou ND, Nielsen OH, et al. Systematic review with meta-analysis: association of vitamin D status with clinical outcomes in adult patients with inflammatory bowel disease. Aliment Pharmacol Ther 2019;50:1146-1158.
    16. Zhao H, Zhang H, Wu H, et al. Protective role of 1,25(OH)2 vitamin D3 in the mucosal injury and epithelial barrier disruption in DSS-induced acute colitis in mice. BMC Gastroenterol 2012;12:57.
    17. Li J, Chen N, Wang D, et al. Efficacy of vitamin D in treatment of inflammatory bowel disease: A meta-analysis. Medicine (Baltimore) 2018;97:e12662.
    18. Limketkai BN, Singla MB, Rodriguez B, et al. Levels of Vitamin D Are Low After Crohn’s Disease Is Established But Not Before. Clin Gastroenterol Hepatol 2020;18:1769-1776.e1.
    19. e.V. D. Vitamin D, 2012.

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